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  Leipziger Buchmesse 2010: Hin und weg

"Leipzig liest", lautet der Titel des großen Lesefests zur Leipziger Buchmesse. Gut 1.500 Autoren haben in diesem Jahr ihre Texte vorgelesen. Etliche zehntausend Menschen haben ihnen zugehört.
Mit einem erneuten Besucher-Rekord ist die Leipziger Buchmesse 2010 zu Ende gegangen. Von Donnerstag (18. März) bis Sonntag (21. März) haben rund 156.000 Menschen die Messe besucht. Im Vorjahr hatten die Veranstalter etwa 9.000 Besucher weniger registriert.
Mittlerweile schon Tradition hat die Konzentration der Hörbücher auf die Messehalle 3. Hier befinden sich auch die Hörbuchforen der Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) und des Focus.
Im Focus-Hörbuchforum stellte die Regisseurin Theresia Singer am Donnerstag (18. März) ihre Hörbuchreihe "Wegwärts" vor. Für diese Reihe hatte sie am Mittwoch (10. März) den Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie "Beste verlegerische Leistung" erhalten. Damit würdigte die Jury ihr unternehmerisches Engagement und ihren verlegerischen Mut.
Die Reihe des Kölner Verlags Headroom umfasst fünf Städte- und Länderportraits. Der Journalist Joscha Remus hat sie bei ausgiebigen Reisen sehr stimmungsvoll zusammengestellt. Neben Städten wie Istanbul, Shanghai und San Francisco gibt es auch Hörbücher über Irland und Marokko.
Der Start der Reihe sei schon ein großes Wagnis gewesen, erklärte die Verlegerin. Doch für sie als ehemalige Tontechnikerin sei die Idee von Remus sehr einleuchtend gewesen, Reise-Hörbücher mit Originaltönen der typischen Geräusche einer Gegend und originellen Stimmen anzureichern.
Eine Reise in die Provinz unternimmt der Griot-Hörbuchverlag. Er bringt kurz nach der Leipziger Buchmesse die Vertonung des Romans "Grenzgang" von Stephan Thome heraus.
Gelesen wird der Text des in Biedenkopf aufgewachsenen Autors von Nina Hoger und Matthias Brandt. Thome war mit seinem Debüt auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2009 gewesen.
Das Buch behandelt die Entwicklung seiner Protagonisten anhand des - alle sieben Jahre stattfindenden - Fests einer fiktiven Provinzstadt. Ohne Zweifel hat der Autor dabei aber an seinen Heimatort Biedenkopf gedacht.
Seine persönlichen Erinnerungen hat auch Georg Klein in seinem "Roman unserer Kindheit" verarbeitet. Für dieses Werk hat er am Donnerstag (18. März) den "Preis der Leipziger Buchmesse" in der Kategorie "Belletristik" erhalten.
In der Kategorie "Sachbuch/Essayistik" wurde Ulrich Raulff für sein Buch "Kreis ohne Meister - Stefan Georges Nachleben" geehrt. Er habe seine Arbeit über den Dichter und den nach ihm benannten "George-Kreis" für ein Buch für wenige und für einen literarischen Bastard gehalten, erklärte er in seiner Dankesrede. Die Jury habe ihn jedoch widerlegt. Nun müsse er versuchen, mit dieser Fehleinschätzung zu leben.
Der Übersetzer Ulrich Blumenbach bekam den Preis in der Kategorie "Übersetzung". Die Jury würdigte damit seine Übertragung des Romans "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace.
Spezielle DAISY-Ausgaben seiner Hörbücher bietet der Argon-Verlag bereits seit dem Oktober 2008 an. Seine Edition im Digital Accessible Information System DAISY) startete mit 20 Titeln. Zur Buchmesse 2010 umfasste die Reihe bereits 212 verschiedene Hörbücher.
Aufnahmen aus dem normalen Hörbuchprogramm werden auf einer CD mit allen DAISY-Navigationsmöglichkeiten zum selben Preis angeboten wie die Ausgaben auf Audio-CD. Verpackt sind die DAISY-Hörbücher, die immer aus einer einzigen CD bestehen, in einer Box mit Braille-Aufschrift, sodass Blinde den Autor und den Titel bereits auf der Hülle ertasten können.
Die DAISY-Scheiben verbinden Audio-Inhalte mit einem textlichen Inhaltsverzeichnis. Die Buchaufsprache entspricht dem jeweiligen Titel auf Audio-CDs. Hinzugefügt werden vorwiegend Informationen aus dem Booklet wie etwa Pressestimmen oder die Viten der Autoren und Sprecher.
Zwar sind die Verkaufszahlen der DAISY-Reihe gering, doch betrachtet der Verlag sie als Prestige-Projekt. Außerdem bietet er sie auch Sehenden zum Kauf an, weil ihre Technik auch ihnen das Navigieren erleichtert.
Ein dichtgedrängtes Programm von Lesungen, Buchvorstellungen und Diskussionsrunden erfüllte die verschiedenen Messehallen mit einem wahren Stimmengewirr. Vor allem abends verlagerten sich die Veranstaltungen dann in die Stadt, wo an unterschiedlichsten Orten gelesen oder debattiert wurde.
Im MDR-Hochhaus am Augustusplatz fand am Freitag (19. März) die "Nacht der Hörbücher" statt. Vier Stunden lang präsentierte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) dabei aktuelle Hörbücher.
Dieter Mann las als Erster. Er rezitierte eine Passage aus "Der große Kater" von Thomas Hürlimann.

Foto: Günter Grass

Günter Grass las aus "Der Butt", den er gerade erst neu als Hörbuch aufgelesen hatte. Zudem sprach er gemeinsam mit Kai Schlüter über die Akten, die die Staatssicherheit (StaSi) der ehemaligen DDR über ihn angelegt hatte.
Mark Twains "Tom Sawyer" und "Huckleberry Finn" sind erst unlängst als Hörspiel produziert worden. Grundlage war die Neu-Übersetzung von Andreas Nohl. Der Übersetzer sowie der Sprecher Patrick Güldenberg stellten das neue Hörspiel an diesem Abend vor. Mitreißend las Güldenberg eine Passage seines Textparts als Huckleberry Finn.
"Leben und Schicksal" lautet der Titel eines Romans von Wassili Grossman. Dieser unter Josef Stalin beschlagnahmte Roman über Krieg und Frieden wurde jetzt auch als Hörspiel produziert. Der 1905 in der Ukraine geborene und 1964 in Moskau gestorbene Journalist und Romancier hat damit ein großes Werk verfasst, das wegen seiner Unterdrückung durch den sowjetischen Geheimdienst lange Zeit unbeachtet geblieben war.
Der Journalist Axel Hacke erzählte von seinem "weißen Neger Wumbaba". Thema sind dabei Texte, die irgendjemand falsch verstanden hat.
Seine Beispiele wie "Schweinespuren im Sand" statt "Deine Spuren im Sand" aus einem Liedtext von Howard Carpendale sind umwerfend komisch. Vor allem aber seine Vortragskunst brachte den Saal zum Lachen, bis Tränen flossen.
In verschiedenen Radiosendern wurde diese Veranstaltung live übertragen. Zwischen den Auftritten von Sprechern wie Anna Thalbach und Harry Rowohlt oder Autoren wie F. C. Delius spielte eine dreiköpfige Combo osteuropäische Musik.
Die Veranstaltung war nicht nur ein Ohrenschmaus, sondern auch eine bewegende Präsentation der Vortragskunst. Sie machte Lust auf mehr Hörbücher.
Wer die trotz des ständig steigenden Andrangs immer noch gelöste Stimmung in den Messehallen und der gesamten Stadt einmal selbst erleben möchte, muss nun wieder ein Jahr warten. Von Donnerstag (17. März) bis Sonntag (20. März) findet im Jahr 2011 dann die nächste Leipziger Buchmesse statt.

Leipziger Buchmesse 2010: Hin und weg
Leipziger Buchmesse 2008: Der Boom verlangsamt sich
Leipziger Buchmesse 2005: Der Boom bleibt, die Downloads kommen
Leipziger Buchmesse 2004: Mit dem Hörbuch erwachsen werden
Leipziger Buchmesse 2003: Hörbücher weiter im Aufwind
Leipziger Buchmesse 2002: Unerhörte Vielfalt

 

 

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