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  Nobel: Ich - ein anderer

Im Herbst 2002 wurde Imre Kertész mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet . Gewürdigt wurde damit auch sein Roman "Ich- ein anderer". Das Hörbuch hierzu erschien 2003 beim Hörverlag . Nicht nur der Titel "Ich- ein anderer" lädt zum Hören ein. " Die Covergestaltung ist nicht minder ansprechend.
Der Ausschnitt eines Treppenhauses aus der Vogelperspektive , mehrfach übereinandergeschichtet und mit einem Klebestreifen zusammengehalten, ist auf dem CD-Cover zu sehen. Sein ästhetisch reizvolles Design weist bereits auf Inhalt und Thema hin: Es geht um die Identitätssuche eines alten Mannes. Die tiefe und getragene Stimme von Dieter Mann passt zu den philosophischen Tiefen, in die Kertész auf einer Reise durch europäische Städte unweigerlich hinabzieht. Egal ob in Wien, Budapest oder Leipzig - überall schildert der Autor seine Beobachtungen. Mal hat der scharfsinnige Chronist Leute im Visier, die ein Lokal verlassen oder gewaltlüsterne Neonazis an einer Ampelkreuzung in Budapest. All diese Alltagsphänomene veranlassen zu tiefsinnigem Verweilen, regen zum lauten Denken, Erinnern und Fragen an. Nicht selten mit Sprüchen von Ludwig Wittgenstein oder Franz Kafka blickt der Ich-Erzähler hinter die Kulissen. Tief und bedenkenswert sind die lebensphilosophischen Einsichten. Dank des ständiges Wechsels wirken sie aber alles anderes als schwierig. Sie kommen eher unverbraucht, fast wohltuend daher. Wer fürchtet in einer trockenen Faktenwelt geistig zu verhungern, hört hier richtig. So erwähnt Kertész einen horror vacui , einen Zustand, welcher der Schöpfung vorausgehe und den er selbst empfindet. Wie abgestandener Teer komme er sich vor. Und gebrandmarkt sei er. Dies ist sein Elend, das er durch Schreiben überwindet. Deshalb ist seine Stigmatisierung aber auch gleichzeitig sein Kapital. Ein anderes Mal ist er davon überzeugt, dass man die Freiheit nicht an demselben Ort erlangen könne, wo man die Knechtschaft erlitten habe. 40 Jahre sei er inhaftiert gewesen. Nähere Umstände bleiben unbekannt, das Ungesagte, die subtilen Andeutungen zwischen den Zeilen sind jedoch umso reizvoller. Die immer wiederkehrende Frage nach dem "Wer bin ich" steht bei all dem im Mittelpunkt, und sie ist durch alle flüchtigen Streiflichter hinweg das gleichbleibende Motiv. Dank der überzeugenden Sprecherleistung von Dieter Mann regen sich auch beim Zuhören Vergleiche, Fragen: Ist die Suche nach seinem Ich nicht stellvertretend für die 2000- jährige Diaspora des jüdischen Volkes, dass sich ebenso nach Identität sehnt, dem gelobten Land? Egal. Jedenfalls Hörenswert!

Imre Kertész , "Ich - ein anderer "
Gelesen von Dieter Mann
Produktion: Norddeutscher Rundfunk 2002
© 2002 Der Hörverlag GmbH
3 CDs, Gesamtdauer 144 Minuten
Der Hörverlag, München
ISBN 3- 89940 - 118 - 2
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