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  Kleinstadtgeschichten: Stenkelfeld, und jetzt kommen Sie!

Vor der Kamera fühlt sich Opa Röhrmöller ausgesprochen wohl. Der 92-jährige Rentner hat eine Mitbewohnerin im Seniorencamp und eine Pflegerin "nominiert". Das alles erzählt er dem Radio-Reporter, der unermüdlich über die Vorgänge in Stenkelfeld berichtet.
Die fiktive Kleinstadt in Norddeutschland ist Schauplatz einer ganzen Serie von Reportagen. "Stenkelfeld, und jetzt kommen Sie!" ist bereits die achte CD über das Leben solch illustrer Gestalten wie Bürgermeister Ölgemöller und Komponist Ralf Sögel. Harald Wehmeier und Detlev Gröning haben die 22 Geschichten über das gottverlassene Kaff ausgeheckt. Bei ihrer Arbeit als Rporter des Norddeutschen Rundfunks haben sie Stenkelfeld sicherlich hundertmal in Natura erlebt. Nur heißt es in Wirklichkeit wahrscheinlich anders.
Doch das Altenheim mit Video-Überwachung scheint fast realistisch, zumal Opa Röhrmöller die Kameras für den Beweis hält, dass er sich im Container von "Big Brother" befindet.
Auch bei der Reportage aus dem "Reporter-Paradies" fragt man sich, ob das nicht vielleicht anderswo Wirklichkeit ist: Die Kriegsberichterstatter bauen in der sumpfigen Landschaft unweit von Stenkelfeld ihre Utensilien auf, um anschließend über Konflikte in Afrika, Asien oder anderswo auf der weiten Welt zu berichten. Warum denn in die Ferne schweifen, wenn man die Kriegsreportagen in der Nähe viel billiger und dazu auch noch gefahrlos produzieren kann?
In der Reihe "1.000 Meisterwerke" würdigt der Radio-Reporter die kunstvolle Gestaltung des Abteils eines Reisezugs. Was könnte einem Kulturkritiker schon Großartigeres begegnen?
Liebhaber des Landlebens hingegen dürften Romeo bevorzugen. Der Stier ist ein Tester der besonderen Art. Einen Bus des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) darf nur benutzen, wer vorher auf Romeos Rücken seine Standfestigkeit bewiesen hat. Sonst fielen die Fahrgäste in Kurven ja einfach um!
Witzig sind die Geschichten aus Stenkelfeld und originell umgesetzt. Sie sind eine Persiflage auf die Beschränktheit des Kleinstadtlebens, das die eigene Heimat zum Mittelpunkt der Welt hochstilisiert. Ähnlichkeiten der handelnden Personen mit bekannten Größen aus Politik und Showgeschäft sind natürlich gewollt. Der Komponist Ralf Sögel arbeitet an einem Hit. Doch während der Reporter erwartet, dass Sögel ihn zum Grandprix einreicht, denkt der nur an "die Maiparade" der Gewerkschaften.
Besonderrs gelungen ist das fiktive Interview mit Franz Müntefering, dessen Imitator sich vor dem Original nicht zu verstecken braucht. Der Politiker verkauft alle positiven Errungenschaften als Leistungen seines Parteifreundes Gerd Schröder.
Gekonnt haben Wehmeier und Gröning die Geschichten aus Stenkelfeld umgesetzt. Manchmal sind die schrillen Stimmen der Interviewpartner des coolen Reporters einander zu ähnlich, aber ansonsten stimmt alles. Bei dieser gelungenen Satire auf die bundesdeutschen Medien und die kleinstädtische Beschränktheit vieler Menschen ist das Lachen vorprogrammiert.

Harald Wehmeier und Detlev Gröning, "Stenkelfeld, und jetzt kommen Sie!"
Produktion: Harald Wehmeier und Detlev Gröning, NDR Media GmbH
© 2001 by Selected Sounds

 

 

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