Bären-Dienste: Im Magen des Großen Bären
Ein dunkler Schatten liegt über dem Antlitz, ein breitkrempiger Hut auf kantigem Haupte. Mit dieser Abbildung auf seiner im Frühjahr 2002 erschienenen CD entspricht Thomas Zwerina dem landläufigen Klischee des Poeten: düster, exklusiv und irgendwie voll cool.
Hört man in seine 32 minütige Produktion hinein, ist das Gelesene nicht viel origineller . Nicht nur, dass ihr Titel "Im Magen des Großen Bären" an das ähnlich lautende Gedicht "Anrufung des großen Bären" von Ingeborg Bachmann erinnert; 16 Gedichte, die der Autor selbst vorträgt, beinhalten abgegriffene Wortwendungen und überstrapazierte Motive. Hermetisch abgeriegeltes Kreisen um eigene Befindlichkeiten in einer Sprache, die indes wenig individuell ist, enttäuscht doch ein wenig. "Ich bin eine Insel und die wiederum ist ein Dschungel", heißt es in einem Englisch für Siebtklässler.
Nicht zuletzt fehlen überraschende Schlußpointen, spannungsgeladene Differenzen, die aufrütteln, erstaunen oder neugierig machen. Dass der große Bär ihn frißt und anschließend wieder ausspeit, überrascht nicht bei dem durchgängig depressiven Tenor. Oder das Wortspiel, dass Eheversprechen weiter nichts sind als Versprecher , kommt doch sehr altbacken daher. Über die lyrischen Qualitäten des preisgekrönten Zwerina läßt sich streiten.
Unbestreitbar ist indes die sehr gelungene Vortragsweise des 45-jährigen Pädagogen. Gekonnt wechselt Zwerina die Tonlagen. Ist seine Stimme beim Rezitieren der "Mondin" noch ausgelassen und fröhlich, klingt sie schwerfällig und pointiert zugleich, wenn er als nächstes "La Carezza" liest. Ein regelrechter Hauch von zentralasiatischer Exotik fällt einen an beim Hören von "Maori".
Musik und Geräuscheinlagen harmonieren vortrefflich mit dem Gelesenen. Für Abwechslung sorgen auch Gedichte auf bayrisch oder englisch. Für einen kurzen Moment glaubt sich der Hörer tatsächlich in fremde Welten versetzt.
Zwerinas CD ist insgesamt hörenswert, fast schon liebevoll sind Ton und Text zu einem wahren Hörgenuß arrangiert. Nur schade, dass Zwerinas Literaturgeschmack nicht immer nur ungeteilt positiv bewertet werden kann.
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