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  Hintergründiger Krimi: Fräulein Smillas Gespür für Schnee

Nach seiner Verfilmung ist der Bestseller "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" von Peter Hoeg nun auch als Hörspiel erschienen.
Smilla Jaspersen lebt in Kopenhagen. Ebenso wie der kleine Jesaja, der bei ihr im Haus wohnt - stammt sie aus Grönland. Zwischen der erwachsenen Smilla und Jesaja - dessen Mutter Alkoholikerin ist - entwickelt sich eine tiefe Freundschaft.
Als Jesaja tot im Schnee aufgefunden wird und den Spuren zufolge vom Dach gestürzt sein soll, weiß Smilla, dass "irgendetwas nicht stimmt". Jesaja hatte unglaubliche Höhenangst und konnte somit unmöglich freiwillig auf ein Dach gestiegen sein. Und dann sind da noch die Spuren, aus denen Smilla etwas zu erkennen meint. Sie geht dem Fall eigenmächtig auf den Grund, bis ihre Ermittlungen sie in das ewige Eis Grönlands führen.
Das Hörspiel "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" fesselt von der ersten Minute an.
Wie ein roter Faden zieht sich Smillas Stimme (Krista Posch) durch ein kompliziertes Mosaik aus Personen, Rückblenden, Ausblicken und Ortswechseln. Sie ist Hauptperson und Sprecherin in einem und kommentiert Dialoge mit ihren Gedanken. Krista Posch schafft es, die durchsetzungsfähig handelnde Smilla im Kampf gegen Vertuschungen, Lügen und Heucheleien einerseits und die kalkulierend, tiefsinnig und auch emotional denkende Smilla andererseits stimmlich zu kontrastieren. Dabei schafft sie von der ersten Minute an eine spannende Atmosphäre, die den Hörenden am sonnigsten Frühlingstag Schauer über den Rücken jagt.
Als die verfolgte Smilla erstmals seit Tagen ihre Wohnung betritt, das Telefon sofort klingelt und ihr ein "ich wei , dass Du da bist" entgegenkommt, beschreibt sie heiser flüsternd ihre Gedanken. So spannungsgeladen sind diese Augenblicke, dass man sich in ihre Angst hineinsteigern kann.
Das Hörspiel ist jedoch nicht nur mitrei end, sondern fordert auch einiges von den ZuhörerInnen: zunächst vertraut wirkende Personen sind selbst in den Fall verwickelt, andere helfen Smilla vermeintlich bei der Auflösung des Falls und arbeiten doch gegen sie.
Dieses Hörbuch kann man nicht einfach hören und
akzeptieren; es fordert ein ständiges Hinterfragen. So bietet Posch zwar
Identifikationsmöglichkeiten mit der starken Frau, die einen Mord nachzuweisen versucht, den die meisten als Unfall dargestellt haben möchten; mehrfach wird diese Identifikation jedoch gebrochen, wenn zum Beispiel Teile ihrer bewegten Vergangenheit bekannt werden. Smilla als gescheiterte Persönlichkeit und nicht als die tapfere Heldin?
Der Mechaniker (Matthias Habich) spricht oft zu schnell, leicht undeutlich und vergreift sich in einigen Situationen im Ton. Dies ist nicht Zeichen einer mangelhaften Sprecherleistung, sondern im Gegenteil gekonnte stimmliche Differenzierung der oft unbeholfen einfach erscheinenden Figur des Mechanikers.
Die Hörspielbearbeitung von Valerie Stiegele unter Regie von Hermann Naber erzeugt einerseits enorm viel Spannung durch kurze Sprechpausen, dramatisierend in die Höhe getrieben mit gekonnt eingesetzter Musik. Zum anderen gelingt es auch, die Themenbereiche zu entwickeln, die nicht unmittelbar mit der Auflösung eines vielschichtigen Falles zu tun haben: Rassismus gegen Inuit, Skrupellosigkeit von Gro konzernen oder Antworten auf Fragen, die Charaktere mit ihrem Verhalten aufwerfen.
Dieses fesselnde Hörspiel wird auch diejenigen begeistern, die sonst keine Kriminalgeschichten hören. Der Roman von Peter Hoeg gibt eine gekonnte Mischung aus Tiefsinnigkeit, Spannung und Gesellschaftskritik vor, die in dem Hörspiel in allen Nuancen akustisch ausgestaltet wurde.

Peter Hoeg, "Fräulein Smillas Gespür für Schnee"
Hörspielbearbeitung von Valerie Stiegele
Produktion: Südwestrundfunk/Norddeutscher Rundfunk 1995
© 2000
2 Wortcassetten, Laufzeit 110 Minuten
Der Hörverlag, München
ISBN: 3-89584-027-0

 

 

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