Was passiert im Jenseits? Wer glaubt, er werde dort erlöst aus diesem Jammertal, dem vergeht mit dem Hörbuch nach dem Klassiker "Die göttliche Komödie" von Dante Alighieri Hören und Sehen.
Das 1957 vom Bayerischen Rundfunk aufgenommene und Anfang 2001 erschienene Hörbuch handelt von einer spirituellen Reise durch das Jenseits, die der Autor mit Vergil an seiner Seite unternimmt. Aus der Perspektive Dantes erfährt der Zuhörende von schaurigen Höllenkreisen und anderen Folterstätten, an denen entleibte Seelen ihre früheren Vergehen sühnen müssen.
Die eigenartig geschilderten Begegnungen mit Schattengestalten aus Geschichte, Literatur, Mythologie oder der Bibel sowie die Tatsache, dass auch berühmte und reiche Zeitgenossen Dantes ihr Fett weg kriegen, lassen einen Verdacht aufkommen: So manch ein Bekannter des Dichters im heimatlichen Italien und anderswo war doch nicht so unbescholten , wie sein Ruf!
Fast wie im Rausch rechnet Dante mit ihnen ab, indem er sie gnadenlos eine Höllenpein nach der anderen leiden läßt. Aber auch der Hörer wird bestraft - mit Langeweile, die durch diese endlose Aneinanderreihung des immer Gleichen aufkommt. Spannungsgeladene Konflikte mit Tief- und Höhepunkten, die das Genre Drama kennzeichnen, fehlen.
Am Beispiel des Ullysses von James Joyce hätten die Bearbeiter dieses Hörbuchs zumindest Durchhalteparolen einbauen müssen, wenn sie es schon nicht für nötig hielten, den Text stärker zu kürzen.
Allein der stimmlichen Qualität der sich abwechselnden Sprecher ist es zu verdanken, dass die schwerfällig formulierte Sprache des Werkes lebendig und frisch ankommt. Ein besonderer Ohrenschmaus ist Dantes poetische Bildersprache, die durch gekonnte Umsetzung antiker Versmaße - in fließendem Tempo vorgetragen - regelrecht erblüht. Die Sprecher, die es verstehen, den Text sinnadäquat widerzugeben, ohne ihn mit zuviel Pathos und Affekten zu überladen, vermögen die Phantasie des Hörenden aufs Schaurigste anzuregen. Die beschriebenen Horrorszenarien tauchen - wie von Pieter Bruegel gemalt - vor dem geistigen Auge auf.
Einen solchen Text in dieser Form zu inszenieren, ist eine wahre Meisterleistung und könnte ein Hochgenuss sein, wären nicht die unendlich langen Erzählstränge, die ebenso ermüden wie monotone Autobahnfahrten. Wer also auf spiritueller Sinnsuche ist und wissen will , was ihm auf der Reise zum Licht widerfährt, oder wer bereits im jetzigen Leben vier Stunden Fegefeuer vorwegnehmen will, für den ist dieses Hörbuch ein unbedingtes Muss - für andere eher ein Verdruss.