Louise Henderson ist immer müde. Jede Nacht schreit ihr kleiner Sohn Mike und raubt seiner Mutter die Nachtruhe. Tagsüber halten seine beiden Schwestern und ihr Vater die junge Frau auf Trab. Da fallen ihr manchmal schon beim Gehen die Augen zu.
Eine ganz alltägliche Familiensituation beschreibt Celia Fremlin in ihrem Buch "Die Stunden vor Morgengrauen". Die Erwartungshaltung, die die Bezeichnung "Krimi" beim Publikum wecken dürfte, erfüllt dieser Roman aber kaum. Ermüdend plätschert die Beschreibung des Familienlebens und der erschöpften Protagonistin über zwei Cassetten hin, bis auf der dritten die Spannung dann doch merklich zunimmt. Mit feinsinnigem britischen Humor beschreibt die Autorin die lieben Mitmenschen und alltägliche Situationen, die Louise mit ihrer Familie erlebt. Nur etwas ist merkwürdig: Trotz des schreienden Babys und der unaufgeräumten Wohnung zieht die scheinbar wohlsituierte und gebildete Vera Brandon als Untermieterin bei Hendersons ein. Und irgendwas stimmt nicht mit ihr.
Der Kampf um ein Kind ist Thema des Romans, den Renate Kohn unter der Regie von Hans Eckardt auf vier Cassetten angemessen umgesetzt hat. Meist wirkt die Geschichte eher wie eine Momentaufnahme britischen Familienlebens als wie ein spannender Kriminalfall. Mitunter überzeichnet die Autorin die Belastungen des Hausfrauendaseins mit Kleinkind und die grenzenlose Müdigkeit der jungen Mutter.
Diese Schläfrigkeit setzt Kohn beinahe ermüdend um, während spannende Passagen beinahe zum Stakkato geraten. Gut arbeitet sie die feinen Anspielungen im Text heraus, die die Lektüre dieses Hörbuchs dann doch zum Genuss machen. Wer Geduld und Einfühlungsvermögen mitbringt, den mag "Die Stunden vor Morgengrauen" 402 Minuten lang angenehm unterhalten.
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Celia Fremlin
, "Die Stunden vor Morgengrauen
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gelesen von Renate Kohn
Regie: Hans Eckardt
4 Wortkassetten, ungekürzter Text 402 Minuten
Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen, D-35085 Beltershausen
© 2000, Buch-Erstveröffentlichung 1958
ISBN 3-89614-091-4
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