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  Auf´s Auge gedrückt: Faust

"Ach Gott, die Kunst ist lang! Und kurz ist unser Leben!" In der Tat: "Faust - der Tragödie erster Teil" hat seinen Autor Johann Wolfgang von Goethe schon um 200 Jahre überlebt.
In ungekürzter Länge ist das bombastische Gedichtwerk im Herbst 2004 als Hörbuch bei "Steinbach - sprechende Bücher" erschienen. Produziert und gelesen hat es Rolf Günther.
Faust I ist neben der Bibel die wohl meist benutzte Zitatengrundlage deutscher Sprache. Man muss den Faust nicht kennen oder lange warten, bis man auf bekannte Sätze stößt wie "Es irrt der Mensch, solang er strebt" Oder " Die Botschaft hör ich wohl; allein mir fehlt der Glaube." Weniger bekannt, aber auch schön, ist der hier: "Was man nicht nutzt, ist eine schwere Last."
Man kann jeden Vers einzeln genießen oder auch am Stück als eine kriminogene Liebesgeschichte, die reichhaltig versetzt ist mit lebensphilosophischen Einsichten. Im "Faust" geht es um den gleichnamigen Universalgelehrten, einen, dem genug nicht genug ist und der wissen will, "was die Welt im innersten zusammenhält". Er ist sich "seiner Tollheit halb bewußt; vom Himmel fordert er die schönsten Sterne, Und von der Erde jede höchste Lust, Und alle Näh und alle Ferne befriedigt nicht die tiefbewegte Brust."
Fausts ewiges Rumgenöhle zieht schließlich den Teufel an, mit dem er sogleich einen Pakt schließt. Er bekommt, was er will. Mephisto, der finstere Geselle, führt ihn zu Gretchen. Die ist gottesfürchtig, sittsam und von schlichtem Gemüte. Sie muss schließlich ausbaden, was das teuflische Duo ausgeheckt hat.
Gretchen landet im Kerker, gesellschaftlich verfemt und des Mordes an ihrem Bruder angeklagt. Doch am Ende zeigt sie ihre Stärke im geduldigen Ausharren. Die sonst als naiv verschmähte "Unschuld vom Lande" siegt über bösartige List und Verschlagenheit. Gretchen verbindet in ihrer bescheidenen Größe das Pendant zu kleinbürgerlicher Enge und ausufernder Gier.
Bei der Hörbuch-Produktion scheint man sich dem Werk von außen über Vorurteile - um nicht zu sagen Klischees - angenähert zu haben. Faust gilt nach landläufiger Meinung als bleischwere Kost, als unübertroffenes Meisterwerk der deutschen Literaturgeschichte. Wohl deshalb hat der Produzent einen angemessenen Rahmen finden wollen, indem er klassisch wirkende Hintergrundmusik von Dan Aldea und eine vergreiste Männerstimme eingesetzt hat, die sich schwerfällig von Zeile zu Zeile quält. Man möchte fast im Boden versinken, so deprimierend und anstrengend kommt diese Inszenierung daher. Dabei ist der Faust bei allem Ernst und aller Tiefe durchaus humorig und leidenschaftlich.
Obschon die Inszenierung unfreiwillig komisch wirkt und das Werk alles andere als unterstützt, überzeugen immer noch die formvollendeten und tiefsinnigen Verse, die auch heutzutage immer noch runter gehen wie allerfeinste Sahne. Allein schon deshalb lohnt sich das Hörbuch. Ansonsten gilt: "Es trägt Verstand und rechter Sinn Mit wenig Kunst sich selber vor.

Johann Wolfgang von Goethe, "Faust"
Gelesen von Rolf Günther
4CDs, Gesamtdauer 235 minuten
© 2004 by Steinbach - Sprechende Bücher
ISBN: 3-88698525 - 3

 

 

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