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  Thriller im Moskau von 1900: Der Tote im Salonwagen

Die Dinge sind nicht, was sie scheinen. Sind Staatsmacht und menschlicher Ethos Gegensätze?.
Im 487-minütigen Hörbuch "Der Tote im Salonwagen" von Boris Akunin geht es handlungs- und nuancenreich um die Machtfrage im zaristischen Generalgouvernement Moskau. Im Brennpunkt zwischen der terroristischen Kampfgruppe KG und den - von internen Intrigen um Macht und Prestige zerissenen - Gendarmerie- und Geheimdienstkräften steht unversehens Erast Fandorin. Der Staatsrat ist einer von wenigen Unkorrumpierbaren. Falls er erfolgreich ist, könnte er Polizeichef werden. Aber das wollen auch Konkurrenten.
Mit dem Mord an General Chrapow, der in der Maske Fandorins begangen wurde, steht er unversehens selbst unter Verdacht. Aber nachdem er das ausräumen kann, geht es erst richtig hoch her. Durch gezielte Informationen des mysteriösen T.G. gelingt es den Terroristen, sich immer wieder aus der Schlinge zu ziehen und aktiv zu werden.
Frauen spielen dabei eine wichtige, eigenständige Rolle in der zweiten Reihe. Der spannend erzählte Plot nimmt häufig überraschende Wendungen. Und auch durch die dichten atmospärische Beschreibungen sind diese acht Stunden überaus kurzweilig.
Die eindringliche Stimme des Sprechers Johannes Steck ist von großer Wandlungsfähigkeit, mit der er jeder Dialogszene eigene Nuancierungen verleiht. Das reicht vom leichten Stottern Fandorins bis zur launigen Falsettstimme seines japanischen Leibdieners.
Steck variiert das Tempo zwischen den zwei- bis neunminütigen Abschnitten. Seine Lesung wirkt nirgends übertrieben. Die klugen musikalischen Untermalungen von Michael Ernst sind wohltuend sparsam eingesetzt, wo es um emotionale Zuspitzungen und Übergänge geht.
Unter dem Deckmantel historischer Vorgänge im vorrevoutionären Zarenreich handelt Akunins Krimi eigentlich von heutigen Problemlagen: Ämterpatronage und Karrierismus, Terrorismus und Wahrheitsunterdrückung. Das russische Bildungsbürgertum, das Akunin zum Bestsellerautoren gemacht hat, weiß hier neben spannender Unterhaltung auch die Grundfrage "Mitspielen, Aufmucken oder Schweigen" angesichts der Skrupellosigkeit der Mächtigen wiederzufinden.

Boris Akunin, "Der Tote im Salonwagen"
Gelesen von Johannes Steck
6 CDs, Gesamtdauer 487 Minuten
© 2004 Audiobuch-Verlag, Freiburg
ISBN: 3-89964-079-9

 

 

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