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  Ein Opfer für die Liebe: Katharina Thalbach liest Oscar Wilde
"Das Gespenst von Canterville" und "Der selbstsüchtige Riese"

Ein kleiner Schwalberich ist unterwegs nach Ägypten. Dort will er den Winter verbringen. Auf seinem weiten Weg macht er Rast bei der Statue des glücklichen Prinzen, die golden und prächtig über einer Stadt voll Elend thront. Der glückliche Prinz weint bittere Tränen über seine Machtlosigkeit gegenüber den Leiden der Menschen seiner Stadt und bittet den kleinen Vogel, eine Nacht bei ihm zu bleiben, um ihm zu helfen, diese zu mindern. Darum entspinnt sich eine wundervoll ergreifende und melancholische Geschichte über die treue und wahre Liebe.
Auf zwei CDs des Verlages GoyaLit erzählt die Schauspielerin Katharina Thalbach vier Märchen von Oscar Wilde. Das wohl bekannteste ist jenes vom "Gespenst von Canterville".
In knapp 78 Minuten wird die Geschichte eines Jahrhunderte alten britischen Hausgeistes erzählt, der sich mit der respektlosen Art einer aufgeklärten amerikanischen Botschafterfamilie konfrontiert sieht. Jene bezieht sein "Revier" und setzt dem Gespenst derart zu, dass es die Lust am toten Leben und Spuken beinahe verliert.
Die anderen drei Erzählungen - "Der selbstsüchtige Riese", "Der glückliche Prinz" und "Die Nachtigall und die Rose" - rühren den Hörer nicht weniger an. Thalbachs melodische und unverkennbare Märchenstimme zaubert solches Leben in die Worte, dass wohl selbst Wilde seine wahre Freude daran gehabt hätte.
Die musikalischen Impressionen zu den vier Kunstmärchen stammen von Ulrich Maske.
Der 1854 in Dublin geborene Schriftsteller Oscar Wilde - eigentlich Oscar Fingal O´Flahertie Wills W - war ein führender Vertreter der ästhetischen Bewegung "l´art pour l´art". Er hinterließ ein vielfältiges literarisches Werk. Die Märchensammlung, zu der auch "Der glückliche Prinz" gehört, verfasste er 1888 für seine Söhne. "Das Gespenst von Canterville" entstand im Jahre 1887.
In klarer, leichtfüßiger Prosa unterzieht er selbst schwerwiegende Themen wie die Auseinandersetzung mit sozialen Konventionen einer kritischen und pointierten, aber nicht sarkastischen Betrachtung. Egozentrismus und moralischer Verfall sind vor allem in den drei kürzeren Märchen ein wichtiges, aber nicht vordergründiges Thema.
In "Die Nachtigall und die Rose" beispielsweise opfert sich ein kleines Vöglein für die wahre Liebe eines Jünglings zu einem Mädchen. Der Lauf der Geschichte will es so, dass dieses Opfer nicht erkannt wird. Ist es zu spät für wahre Liebe, wahre Freundschaft? Wohin sind die Zeiten verschwunden, in denen solche Gefühle möglich waren?
Diese Fragen stellen sich, wenn 131,27 Minuten Märchenzauber verklungen sind. Doch - keine Angst - Wilde schreibt keine Vorwürfe in seine Geschichten. Er verzaubert Jung und Alt, indem er seine Hörer in eine phantasievolle Welt entführt, in der man gerne und dankbar verweilt.

Oscar Wilde, "Katharina Thalbach liest Oscar Wilde
"Das Gespenst von Canterville" und "Der selbstsüchtige Riese""
gelesen von Katharina Thalbach
Regie: Ulrich Maske
2 CDs, Gesamtdauer 131,27 Minuten
2004 by Goya LIT

 

 

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