"Erheb Dich, Seele! Deine Stunde schlägt." Mit diesen Worten beginnt ein Gedicht von Elisabeth Gutjahr. Ihre Fragen an Gott und Gedanken über die Welt hat die Autorin dem Philosophen Ludwig Wittgenstein gewidmet. Kurz vor seinem Tod hat der Schauspieler Klaus Löwitsch die Texte aufgesprochen. Auf drei CDs sind sie posthum unter dem Titel "Wittgenstein" bei Ventana-Film erschienen.
Mitunter mag mancher Text etwas schwerfällig philosophierend oder gekünstelt literarisiert daherkommen. Einiges wirkt ein wenig bemüht philosophisch. Doch das alles tut dem großen Genuss keinen Abbruch, den der meisterhafte Vortrag Löwitschs vermittelt.
Mal spricht der Sprecher schnell und fest, mal formuliert er langsam, leise und unsicher vorsichtige Fragen. Fast zittrig wirkt seine Stimme, wenn er sich selber dabei wichtiger Wahrheiten erst vergewissert.
Absolut meisterhaft ist die Auseinandersetzung des abwehrenden Lehrers mit dem Suizid des allzu kritischen Schülers. Verunsicherung, Verzweiflung, Ärger, Scham und die Flucht vor der Verantwortung für diese Verzweiflungstat bringt Löwitsch auf bewegende Weise zur Sprache. Allein mit seiner Stimme malt er die Innenansichten eines Menschen, den die Flucht vor unangenehmen Fragen schließlich eingeholt hat.
Etwas störend wirken dabei die akustischen Unterstreichungen mit einem Schlagzeug. Gelungen ist hingegen das Geräusch eines klingelnden Telefons oder vom Eingiessen eines Getränks. Aber außer dieser hörspielähnlichen Klangkulisse benötigt Löwitschs Stimme keine weitere Unterstützung. In ihrer großartig großen Vielfalt trägt sie alle Texte aus sich allein heraus viel glaubwürdiger als mit den eingespielten Schlagzeug-Attacken.
Insgesamt wirkt die Produktion etwas bemüht. Wer nicht gerade profunder Kenner der Philosophie Wittgensteins ist, dem erschließt sich auch der Zusammenhang der Texte zu dem Philosophen nicht. Mitunter gewinnt man vielmehr den Eindruck, die Autorin habe seinen Namen als Beleg für die Qualität ihrer tiefschürfenden Texte missbrauchen wollen. Dabei wäre weniger manchmal mehr gewesen.
Diese Mängel heilt jedoch die natürliche und zugleich hochprofessionelle Vortragsweise von Klaus Löwitsch. Mit feinem Gespür arbeitet er auch die kleinsten Nuanchen aus den Texten heraus und nimmt den Zuhörer dabei mit seiner wandlungsfähigen Stimme gefangen.
"Gott", fragt er voller Ratlosigkeit, "Hast Du Dir selber vergeben? Liebst Du sogar jene, die Deine Luft vergiften und Dein Licht auslöschen?"
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