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  Nicht nur Nautik und Nelken: Spaziergang durch Lissabon

Ein Hauch von Melancholie durchzieht diese Stadt. Der "Fado" gehört zu Lissabon wie das alte Kastell hoch über der Stadt oder die verwinkelten Gassen weiterunten am Tejo.
Einen "Spaziergang durch Lissabon" hat Sascha Lübbe unternommen. 79 Minuten lang kann man ihn mit dem gleichnamigen Hörbuch durch die portugiesische Hauptstadt begleiten.
Das Erfolgsrezept der akustischen Reiseführer von Geophon ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Eine Reportage mit verteilten Sprecherrollen beschreibt Gefühle des Besuchers und Fakten zur Stadt. Unterlegt wird das Ganze mit stimmungsvollen O-Tönen und Interviews mit mehr oder weniger prominenten Gesprächspartnern.
Auch bei Lübbes "Spaziergang durch Lissabon" geht dieses bewährte Rezept wieder auf. Man hört das Stimmengewirr der Menschen in den engen Gassen, die Straßenbahnen klingeln und die Musik als stimmungsvollen Klangteppich im Hintergrund. Fast meint man, man könne den gebratenen Fisch in den Restaurants riechen, wenn man den lebendigen O-Tönen vom bunten Treiben in der südwestlichsten Stadt Europas lauscht.
Viel erfährt man über die Geschichte Lissabons von den Anfängen unter den Phöniziern über die Zeit unter den Römern und Mauren sowie den Reichtum durch die Entdeckungsfahrten wagemutiger Seefahrer und den Wiederaufbau nach dem großen Erdbeben von 1755 bis heute. Mehrmals begegnet man dem Dichter Fernando Pessoa sowie seinen Wohnorten und Stammlokalen.
Die "Nelkenrevolution" vom 25. April 1974 fehlt ebensowenig wie der Verweis auf die Jahre der Diktatur unter António de Oliveira Salazar. Das Gegenbild zu dieser faschistischen Zeit zeigt Lübbe mit seinen Ausführungen über Portugals Kolonien in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie über die multikulturelle Vielfalt angesichts der vielen Einwanderer von dort.
Aber auch wichtige Bauwerke wie das Hironymus-Kloster "Mosteiro dos Jerónimos" im Stadtteil Belém oder die nach dem Erdbeben schachbrettartig angelegte Unterstadt "Baixa", die verwinkelte Oberstadt "Alfama" und das Vergnügungsviertel "Bairro Alto" fehlen nicht. Präzise Beschreibungen vermitteln einen anschaulichen Eindruck von Baustil und Erscheinungsbild der Gebäude.
Plastische Bilder entstehen so vor dem Inneren Auge der Zuhörenden. Dazu tragen auch die ruhig betonte Sprechweise von Harry Kühn, Ulrike Hübschmann und Gabriele Blum bei.
Ein Wermutstropfen ist leider die schlampgige sprachliche Lektorierung des Textes. Der Autor ist des Genitivs nicht mächtig und setzt mehrmals "dessen" an die Stelle von "deren" oder "seine" an die Stelle von "ihre". Den Sprechern, einem Regisseur oder Lektor ist diese schmerzhafte Sprachschändung offenbar nicht aufgefallen.
Abgesehen von dieser immer wieder kurz eingestreuten Folter für sprachbewusste Ohren ist der "Spaziergang durch Lissabon" aber lehrreich, informativ und kurzweilig. Empfehlenswert ist er auch dank seiner Empfehlung, sich den eigenen Spaziergang durch die Stadt am Tejo selbst zusammenzustellen und sich dabei einfach treiben zu lassen. Das bunte Treiben ist nach diesem kleinen Ausflug in Gegenwart und Geschichte, Kultur und Kneipenszene allzu schnell wieder zu Ende.

Sascha Lübbe, "Spaziergang durch Lissabon"
Gelesen von Harry Kühn, Ulrike Hübschmann, Gabriele Blum und Sascha Lübbe
1 CD
Gesamtdauer: 79 Minuten
2014 by Geophon

 

 

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